Heilpraktiker-Verband – welcher für mich?

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Gute Arbeit von Heilpraktiker-Verbänden ist existenziell wichtig: Nur professionelle Berufsverbände können uns politisch wirksam vertreten. Heilpraktiker-Verbände sollen sich für Fortbestand und Weiterentwicklung des Heilpraktikerberufs einsetzen, dafür jedenfalls wurden sie gegründet. Gute Verbände stehen ihren Mitgliedern auch bei der Praxisgründung, bei der Praxisführung und bei vielen praktischen und rechtlichen Fragen zur Seite. Welche Verbände erfüllen sie diese Aufgaben wirklich? Wer schwingt nur schöne Reden? Ich sehe da beherzte und intelligente Menschen, die etwas tun und verstanden haben, was Vernetzung und gemeinsames Engagement bedeuteten. Ich sehe ebenso Organisationen, die eher der Kundenbindung dienen und Leute, die ihre Selbstprofilierung überschätzen. Wie anderswo auch. Die Mängel einzelner Organisationen sind freilich keine Entschuldigung, auf eine berufliche Interessenvertretung zu verzichten. Schauen Sie selbst!

Wann soll ich beitreten? Mit der Praxiseröffnung, wenn die Praxis gut läuft oder schon während der Ausbildung? Wenn Sie einmal eine gute Organisation gefunden haben, ist ein Beitritt schon während der eigenen Ausbildung sehr sinnvoll. Schüler und Praxisanfänger zahlen oft nur ermäßigte Mitgliedsbeiträge und bekommen dafür Einblicke, die helfen, sich frühzeitig auf den Heilpraktikerberuf und die Fragen der Praxisorganisation vorzubereiten.

Hier eine Checkliste. Markieren Sie sich alle Fragen, die Ihnen wichtig sind.

  1. Ist Ihre Organisation ein gemeinnütziger Verein oder ein Heilpraktiker-Berufsverband? Nur Letztere dürfen und können sich für Ihre konkreten beruflichen Interessen engagieren. Gemeinnützige Vereine verlieren ihren Steuervorteil, sobald sie etwas für die „Eigeninteressen“ eines Berufs tun.
  2. Werden Sie als Heilpraktiker/in unterstützt in allen praktischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen der Praxisführung? Ermöglicht Ihr Verband zudem eine günstige Berufshaftpflicht-Versicherung?
  3. Bietet Ihr Heilpraktikerverband Ihnen kompetente Ansprechpartner, beispielsweise mit Telefon-Hotline? Fühlen Sie sich mit den von Ihnen angewendeten Therapieverfahren fachkompetent vertreten?
  4. Unterstützt Ihr Verband Ihre berufliche Entwicklung als Heilpraktiker/in? Beispielsweise durch individuelle Beratung sowie Fortbildungen auch zu Organisation, Praxisführung und Auftritt?
  5. Betreibt ihr Heilpraktikerverband — ggf. in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen — eine nachvollziehbare Qualitätspolitik, die auch Fortbildungen anderer Veranstalter anerkennt? Oder dokumentiert er nur die eigenen Fortbildungen?
  6. Ist Ihr Heilpraktikerverband womöglich überwiegend ein Wirtschaftsbetrieb mit Ausbildungsstätten? Und damit auch ein Werbe- und Kundenbindungs-Instrument für Letztere? Oder wirkt er als tatkräftige berufsständische Interessenvertretung?
    — Das Argument: „Nur durch unseren Verband gibt es gute Aus- und Fortbildung“ zählt allenfalls für Pionierarbeit, wie Ausbildungen in ganz neuen Therapierichtungen. Bei etablierten Therapieformen gibt es längst gute freie Anbieter mit Qualitätssicherung. Ein großer Ausbildungs- und Kongressbetrieb bedingt notwendigerweise wirtschaftliche Ziele. Damit werden sogar gemeinnützige Vereine zu Spielern auf einem Markt, der die eigene Unabhängigkeit gefährdet.
  7. Setzt Ihr Heilpraktikerverband mehr auf Eigenprofilierung, oder pflegt er nationale und europäische Netzwerke mit anderen Organisationen wirklich aktiv?
  8. Wird ein kollegialer Umgang gepflegt? Ist eine demokratische Kultur der Teilhabe und des Dialoges spürbar?
  9. Sind die Strukturen, auch die finanziellen, hinreichend transparent? Fühlen Sie sich wahrgenommen; wird Kritik ernst genommen?
  10. Erhalten Sie regelmäßig Informationen zu rechtlichen und politischen Entwicklungen, die für Ihre Tätigkeit als Heilpraktiker/in wichtig sind?
  11. Setzt Ihr Heilpraktikerverband sich für den Erhalt naturheilkundlicher und homöopathischer Arzneimittel ein? Was genau tut er dafür?
  12. Bietet Ihr Heilpraktikerverband Hilfestellungen für ihre Patienten, wenn die Kostenerstattung durch private Krankenversicherung hinter den vertraglich begründeten Erwartungen zurückbleibt?
  13. Setzt sich Ihr Verband glaubwürdig für Ihre konkreten Interessen ein, hat über solche „Lobbyarbeit“ hinaus aber auch den größeren Horizont der Therapiefreiheit und freien Therapiewahl als Bürgerrecht auf dem Schirm?
  14. Hat ihr Heilpraktikerverband eine Vision und verfolgt er eine Strategie, welche dem Beruf des Heilpraktikers neben der größer werdenden Anzahl naturheilkundlicher und homöopathischer Ärzte eine tragfähige Perspektive gibt? Oder werden nur Mythen des irgendwie wunderbaren Heilkundigen gepflegt?
  15. Stellt Ihr Verband Ihnen nützliche Patienteninformationen zur Verfügung? Wird eine sinnvolle Öffentlichkeitsarbeit betrieben? Positioniert Ihr Verband sich in der gesellschaftlichen Kontroverse um Naturheilkunde, Homöopathie und Methodik der Medizinforschung?
  16. Behält Ihr Heilpraktikerverband neben nationalen politischen und rechtlichen Entwicklungen auch im Auge, was derzeit von Europa, von der Europäischen Union her kommt? In welchen europäischen Organisationen beteiligt sich Ihr Verband aktiv und mitgestaltend?

Hochglanz-Flyer werden Ihnen hierzu keine Auskunft geben. Eher schon Gespräche mit erfahrenen Kollegen, Mit-Denken und Ihr eigenes Gespür. Diese Zeit sollten Sie sich nehmen. Falls nötig, auch für einen Verbandswechsel.

Mein persönlicher Hintergrund sind 14 Jahre Vorstandsarbeit in einem Verband, davon 3 Jahre als Vorsitzender, sowie viele Jahre intensiven Bemühens um eine bessere Vernetzung der vorhandenen Heilpraktikerverbände.

Welcher Heilpraktikerverband – PDF-Version zum Speichern/Ausdrucken/Teilen

C.C., 2011 / 2017

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