Die gesundheitsamtliche Heilpraktiker-Überprüfung: Voraussetzungen, Sinn und Ablauf der Prüfung
Heilpraktiker-Überprüfung und Erlaubnis
Die Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Zulassung bedarf einer amtlichen Erlaubnis. Die formalen Voraussetzungen für eine Erlaubnis, als Heilpraktiker praktizieren zu dürfen, sind das Wenigste: Wohnsitz in Deutschland, Gesundheitszeugnis (d.h. keine Krankheiten, die einer verantwortlichen Berufsausübung im Wege stehen, bspw. keine Suchterkrankung), Führungszeugnis (keine Vorstrafen), abgeschlossene Schulausbildung (Minimum Hauptschule), abgeschlossenes 25. Lebensjahr. Die eigentliche Schwelle ist die gesundheitsamtliche Heilpraktiker-Überprüfung (folgend kurz: Heilpraktikerprüfung), die i.d.R. ebenfalls erst ab dem 25. Lebensjahr abgenommen wird.
Eine Heilerlaubnis kann, vor allem wenn das zuständige Gesundheitsamt eine Gefährdung von Patienten sieht, auch wieder entzogen werden.
Heilpraktikerprüfung durch das für den Wohnort zuständige Gesundheitsamt
Die amtliche Prüfung ist anspruchsvoll. Im März 2018 tritt eine neue Richtlinie in Kraft, die spätestens ab Herbst 2018 in den Prüfungen zur Geltung kommt. Mit der neuen Richtlinie werden die Prüfungen insgesamt praxisbezogener, und vor allem der mündliche Teil prüft nun auch Anwendungskompetenzen, nicht nur Wissen. Der Gegenstandskatalog der Prüfung wurde in Karlsruhe dennoch nur geringfügig modifiziert. Am 21.6.18 hatten wir, für letzte Klärungen, ein persönliches Gespräch beim Gesundheitsamt.
Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel „Heilpraktiker-Prüfung mit neuen Leitlinien: wir haben uns darauf eingestellt!„
In der Gesamtstatistik aller Bewerber (nicht unserer, sondern allgemein) betrug die Durchfallquote der schriftlichen und mündlichen Prüfung bis 2017 zusammengerechnet um die 80%. Da sind freilich auch sehr schlecht vorbereitete Bewerber mitgezählt und solche, die glauben, sie könnten’s mal versuchen. Wer sich gut und systematisch vorbereitet und wirklich will, hat nach unserer Erfahrung eher die umgekehrte Chance, die Prüfung im ersten Anlauf zu bestehen*. Die Durchfallquote sollte daher weniger abschrecken als dazu helfen, die eigene Motivation zu überprüfen. Die Prüfung ist anspruchsvoll, aber unser Eindruck ist, dass die Gesundheitsämter sich auch um Fairnis bemühen. Unseren Unterricht haben wir bereits an die neuen Richtlinien angepasst und beobachten zugleich genau, wie die Gesundheitsämter die Richtlinien umsetzen werden.
* Verbraucherschutz-Organisationen raten von Anbietern ab, die mit Angabe genauer Bestehensquoten der Heilpraktiker-Prüfung werben. Für Laien ist nicht durchschaubar, wie unterschiedlich Statistik gerechnet werden kann („95 % aller Menschen sterben in einem Bett“).
Warum eine Überprüfung in unserem Sinne ist
Eine gewisse Auswahl ist durchaus im Sinne des Berufes, umso mehr, weil der Gesetzgeber für den Ausbildungsweg selbst bislang keine Vorgaben macht. Die Heilpraktiker-Prüfung gewährleistet eine medizinische Grundqualifikation mit Kenntnissen insbesondere zu Aufbau und Funktion der Organsysteme, Krankheitslehre, Laborwerten, Untersuchungsmethoden und Krankheitserkennung, Orientierung zu konventionell üblichen Behandlungen, Praxishygiene, Erstversorgung von Notfällen und rechtlichen Grundlagen. Im Vordergrund stehen dabei die Patientensicherheit und die Achtung von Grenzen. Ein Heilpraktiker muss Hinweise auf gesundheitliche Gefahren erkennen, zuordnen und angemessen handeln können. Heilpraktiker müssen in der Lage sein, unterschiedlichste Patienten unter Einbezug aller relevanten Fakten, und nicht ausschließlich naturheilkundlich kompetent zu beraten. Mit anderen Beteiligten im Gesundheitswesen sollen sie jederzeit angemessen kommunizieren können. Dies ist Grundlage einer professionellen Arbeit, gleich mit welchen alternativen Therapieverfahren – in unserem eigenen Interesse wie auch im Interesse der Patienten.
Ablauf der Prüfung
Die Heilpraktiker-Prüfung setzt sich zusammen aus einer schriftlichen Multiple-Choice Prüfung und einer nachfolgenden mündlichen Prüfung. Nur wer den schriftlichen Teil besteht, wird zur mündlichen, nach der neuen Leitlinie nun „mündlich-praktischen“ Prüfung zugelassen, die auch ein Heilpraktiker als Beisitzer begleitet. Beim Nicht-Bestehen eines Teils der Prüfung muss die gesamte Prüfung wiederholt werden. Nach dem dritten Versuch kann das Gesundheitsamt den Antrag auf Heilerlaubnis und eine erneute Prüfung ablehnen. Neben der inhaltlichen Vorbereitung ist daher auch eine gewisse psychologische Vorbereitung, bspw. durch wiederholte „Prüfungssimulationen“ hilfreich.
In Karlsruhe werden Heilpraktikerprüfungen zweimal jährlich, im Frühjahr und Herbst durchgeführt (Schriftliche: „3. Mittwoch im März und 2. Mittwoch im Oktober“). Laut einem Informationsblatt des Karlsruher Gesundheitsamt, Stand 2017, betragen die dortigen Gebühren: 159,- € für die schriftliche Prüfung, nach Bestehen derselben werden 239,- für die mündliche Prüfung inkl. Beisitzerauslagen hinzugerechnet, danach je nachdem 200,- für eine Erlaubniserteilung oder 160,- für einen Ablehnungsbescheid. Die Antragrücknahme oder Terminverschiebung kostet 44,- €. Es gibt eine Begrenzung auf 2x 100 Prüflinge jährlich. Daher empfehlen wir für den Landkreis Karlsruhe eine frühzeitige Anmeldung, auch wenn einzelne Unterlagen noch nachgereicht werden müssen!
Die Anmeldung zur Prüfung erfolgt regional unterschiedlich entweder beim Ordnungsamt oder direkt beim zuständigen Gesundheitsamt des Wohnortes (Hauptwohnsitz). Dort erfahren Sie auch die genauen Bedingungen inklusive der Kosten der Heilpraktiker-Prüfung und Anmeldefristen. Prüfungsort sind die Gesundheitsämter in Karlsruhe, Mainz, Heilbronn, Tübingen usw.
- weiterführender Link: Infos des Karlsruher Gesundheitsamtes
Berufsbezeichnung: nur „Heilpraktiker“ oder „Heilpraktikerin“
Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde ohne ärztliche Zulassung ist an die gesetzlich festgelegte Berufsbezeichnung „Heilpraktiker“ gebunden. Die weibliche Form ist natürlich möglich. Bezeichnungen wie Kinderheilpraktiker, Sportheilpraktiker sind als Berufsbezeichnung — obwohl zweifelhafte Institute dies als Ausbildung anbieten! — unzulässig. Sie dürfen sich auch nicht „Homöopath“ oder „Akupunkteur“ nennen, aber die angewendeten Therapieverfahren (also: „Homöopathie“, „Akupunktur“ usw.) dürfen auf Praxisschild und Briefpapier selbstverständlich genannt werden.
- weiterführender Link: Heilpraktiker-Grundausbildung und Prüfungsvorbereitung
Deutschland und Europa
Die Heilpraktiker-Erlaubnis gilt innerhalb Deutschlands. Andere Länder haben ihre eigenen Gesetze, die von Kurierfreiheit (England) über Duldung (Spanien, Portugal) und Therapeutenregister für bestimmte Therapieverfahren (bspw. Homöopathen-Register in Norwegen) bis zum Arztvorbehalt jeglicher heilkundlichen Tätigkeit (Frankreich, Österreich) reicht. Teilweise vergleichbare Regelungen hat, zumindest kantonal, die Schweiz; eine deutsche Heilerlaubnis gilt dennoch nur in Deutschland. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind verpflichtet, Sicherheit und Schutz der Patienten zu gewährleisten. Auf welche Weise dies geschieht, obliegt weitgehend den einzelnen Nationalstaaten.
Alle Änderungen der Gesetzeslage behalten wir im Auge; durch mein weitergeführtes berufspolitisches Engagament bin recht nah an den Informationsquellen.